Hyaluronsäure

Arthrosebehandlung mit Hyaluronsäure

Die Gelenkbehandlung mit Hyaluronsäure hat in der Tiermedizin eine lange Tradition. Bereits vor über 50 Jahren begannen Tierärzte Springpferden Hyaluronsäure in die Gelenke der Vorderläufe zu injizieren. Erst sehr viel später rückte die Hyaluronsäure in den Aufmerksamkeitsbereich der Humanmedizin.

1934 wurde die Hyaluronsäure von zwei Amerikanern entdeckt, die das Glykosaminoglykan (GAG) aus dem Glaskörper von Rinderaugen isolierten. Die Hyaluronsäure ist ein sogenanntes Makromolekül, welches im Körper in seiner vollständig Form vorliegt unabhängig davon, ob die Hyaluronsäure selbst oder eines ihrer Salze vorliegt, spricht man von Hyaluronan. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes Polysaccharid, welches im menschlichen Körper, besonders in der Haut, vorkommt. Die Hyaluronsäure ist die einzige bekannte polymere Substanz, die sowohl beim Menschen als auch bei Mikroorganismen, ja sogar bei einer Chlorella-Alge vorkommt. Durch ihr Vorkommen bei sogenannten primitiven Lebensformen spricht man der Hyaluronsäure sogenannte archetypische Merkmale zu. So ist besonders embryonales Gewebe reich an Hyaluronsäure, fehlt diese beim Embryo, kann es zu gravierenden Entwicklungsstörungen kommen.

Ein wenig Chemie

Die Hyaluronsäure ist ein Glykosaminoglykan welches aus abwechselnd 1/3 verknüpften Einheiten aus N-Acetyl-D-Glukosamin und1/4 verknüpften Einheiten  Beta-D-Glukoronsäure-Einheiten aufgebaut ist. Die Ketten erreichen Molekulargewichte von bis zu 107 Dalton, was in etwa 24000 bis 26000 Disaccharideinheiten entspricht.

In wässriger Lösung liegt die Hyaluronsäure in einer Sekundärstruktur vor, die aus den Wasserstoffbindungen zwischen den Azetamidgruppen und den Carboxylgruppen entsteht. So ist sie in wässriger Lösung gegen Oxidantien z. B. freie Radikale sehr stabil. (Bei der Arthrose liegen in ihrer aktivierten Form besonders viele freie Radikale vor, die für einen Teil der zerstörerischen Wirkung des Verschleißes verantwortlich gemacht werden.)

Die Bindegewebszellen (Fibroblasten der Haut) sind besonders reich an Hyaluronsäure, dort wird diese auch in großen Mengen gebildet. Der Abbau erfolgt über Enzyme die schließlich die Endprodukte in Einzelzucker zerlegen (siehe oben die Disaccharideinheiten) und dem Zellmetabolismus zuführen.

Aufgaben der Hyaluronsäure

Der extrazelluläre Raum besteht zu 60 bis 80% aus Wasser, zu ca. 20 bis 30% aus Kollagenen und ca. 5 bis 10% aus Proteoglykanen. Neben dem hochmolekularstrukturierten Glykan Aggrekan bilden vor allem die Kollagene vom Typ II, IX und XI die Hauptelemente. Die Elastizitätsqualität des Knorpels ist vom Verhältnis der Kollagene mit den Glykanen abhängig. Im gesunden Knorpel liegt dies bei bis 1 zu 1. Die Proteoglykane-Elemente sind negativ geladen und hydrophil (wasserlöslich).  Das Hyaluronan ist an die Zellmembran über einen sogenannten Oberflächenrezeptor gekoppelt. Über diesen Rezeptor kann es auch wieder in die Zelle aufgenommen werden, in Geweben mit hoher Teilungsrate sind die Umsatzraten für Hyaluronan erhöht.

Bei der Arthrose geht die schützende Wirkung des Knorpels auf den subchondralen Knochen (Knochengewebe direkt unter dem Knorpel) mehr und mehr verloren. In den Hyaluron-Aggrekan-Komplexen sind arkadenförmig angeordnete Kollagenfibrillen enthalten, die für die Form und Zugfestigkeit des Knorpelgewebes von essentieller Bedeutung sind.

Bei Schädigung dieser Struktur kann dieses zu einer synovialen Reizung in Form einer aktiven Arthrose/Osteoarthritis führen. Dadurch nimmt die Konzentration der Hyaluronsäure im Gelenk ab und im Laufe der Zeit reduziert sich auch die Qualität der Hyaluronsäure durch Verlust an Molekulargewicht. Dieses wiederum führt zu einem Fortschreiten des Qualitätsverlusts der Knorpelschicht und damit zu zunehmender mechanischer Belastung des subchondralen Knochens, der damit immer ungeschützter vor mechanischen Belastungen ist.

Es entsteht also durch eine verminderte Qualität des Kollagen-Glykan-Komplexes und damit auch der Hyaluronsäure ein arthrotischer Krankheitsprozess.

Die medizinische Indikation für Hyaluronsäure

Die sogenannte Viskosupplemation findet besonders in der Orthopädie und der Augenheilkunde Verwendung.

Sie wird aber auch zur Verhinderung der postoperativen Verklebungen außerhalb von Gelenken eingesetzt, wo sie durch Bildung schwerlöslicher Komplexe das Verkleben (Adhäsion) von Gewebeschichten verhindert. Außerdem dient sie als Weichgewebeersatz nach kosmetischer Chirurgie (z. B. Implantate).

Haupteinsatzgebiet ist für den Orthopäden aber die leichte bis mittlere Arthrose.

Vergleich der physikochemischen Eigenschaften von Hyaluronsäure in der Gelenkflüssigkeit gesunder und arthrotisch veränderter Gelenke.

Hyaluronsäure Gesundes Gelenk Arthrotisches Gelenk
Konzentration (mg/ml) 2,5 – 3,5 0,8 – 2,0
Molekulargewicht

(Mio. Da)

4,5 0,5 – 2,0
Elastizität (Pa) 117 ± 13 8 ± 5
Viskosität (Pa) 45 ± 8 5 ± 3

Schlussfolgerung

Da im arthrotischen Gelenk eine qualitativ hochwertige Hyaluronsäure nicht mehr gebildet werden kann, muss das Verhältnis von Kollagen zu Glykanen verbessert und zu stabilisiert werden. Dafür sind über mehrere Jahre immer wieder Injektionen sinnvoll, um den arthrotischen  Prozess zu verlangsamen.

Die endogene (körpereigene) Hyaluronsäureproduktion kann durch eine Injektion von exogener Hyaluronsäure stimuliert werden. Das Stimulus ist direkt proportional zur Konzentration der Hyaluronsäure im Gelenk und abhängig von dem Molekulargewicht der zugegebenen HA.

Neben den schmierenden Eigenschaften bedeckt HA die Knorpeloberfläche  und füllt den zwischen den Kollagenfibrillen entstandenen Raum, der nicht von den Proteoglykanen besetzt ist, aus. Auf diese Art und Weise werden auch die Proteoglykane vor Abbau im Gelenkbinnenraum geschützt. Auch konnte bei Anwesenheit hochmolekularer Hyaluronsäure (das Arthrosegelenk ist nicht mehr in der Lage eine ausreichend hochmolekulare Hyaluronsäure zu bilden) in zahlreichen Studien nachgewiesen werden, dass extrazelluläre Matrixproteine wie Chondroitine, Protoglykane und Keratinsulfate in größerer Menge und besserer Qualität vom Körper selbst synthetisiert werden.

Außerdem hat die Hyaluronsäure im betroffenen Gelenk einen schmerzlindernden Effekt, dadurch dass eine proportional zum Molekulargewicht der HA zu messende Verminderung der Prostaglandin und Bradikininsynthese in einem Rattentier-Modell gezeigt werden konnte. Es entsteht so eine Minderung der

Einfluss der HA auf Entzündungsvermittler

Proteasen, Prostaglandine und Zytokine führen bei der Arthrose, besonders bei der aktivierten Arthrose zum beschleunigten Abbau der Matrix und zur beschleunigten Reaktion des subchondralen Knochens. Gibt man jetzt regelmäßig Hyaluronsäure in das arthrotische Gelenk reduzieren sich diese Proteasen, Prostaglandine und Zytokine abhängig von der Dosis der injizierten HA.

Dieser Effekt gilt auch für die Angreifbarkeit des Knorpels durch sogenannte neutrophile Granulozyten (weiße Blutkörperchen), durch die  Hemmung der Lymphozytenproliferation (ebenfalls Molekulargewicht abhängig) und die Hemmung der Makrophagenaktivierung.

Betrachten wir die  zusammengetragenen Fakten, kommen wir zu folgendem Schluss:

Die exogen applizierte hochmolekulare Hyaluronsäure im arthrotisch verändert, aber noch nicht gänzlich zerstörte Gelenk kann nur hilfreich sein.

Wir können aus diesen Fakten auch ableiten, dass die Wirkansätze der Hyaluronsäure in der Therapie mannigfaltig und für den Betroffenen segensreich sind.

Quellen: U. a. J. Jerosch Injektionsbehandlung mit Hyaluronsäure Band 74 Heft 9/11/2015 aus der Zeitschrift für Rheumatologie Springer 2015 und Arthrosebehandlung mit Hyaluronsäure und Kombinationen von W. und D. Pförringer Zeitschrift Orthopädie & Rheuma  Februar 2016 Jahrgang 19 Nr.1 Springer Verlag.

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